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Leitartikel zur Frontex-AbstimmungKein Flüchtling würde besser behandelt

Frontex wurde 2004 mit dem Ziel gegründet, die EU-Staaten beim Schutz der Aussengrenzen zu unterstützen – und dafür zu sorgen, dass einheitliche Standards angewendet werden. 

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An Europas Aussengrenzen werden Menschenrechte verletzt: Geflüchtete werden von Polizisten oder Grenzschützern zurückgeschickt ohne Möglichkeit, ein Asylgesuch zu stellen. Manchmal mit Gewalt. Medien haben etliche solcher Pushbacks dokumentiert. 

Das sind unhaltbare Zustände.

Die EU muss dafür sorgen, dass beim Schutz ihrer Aussengrenzen die Grundrechte eingehalten werden. Gäbe es keine Behörde, die das gewährleisten könnte, müsste eine geschaffen werden. Doch es gibt sie bereits: die europäische Grenzschutzagentur Frontex. Sie wurde 2004 mit dem Ziel gegründet, die Mitgliedsstaaten beim Schutz der Aussengrenzen zu unterstützen – und dafür zu sorgen, dass einheitliche Standards angewendet werden. 

Nun steht Frontex allerdings selber in der Kritik. Die Grenzschutzagentur soll illegale Pushbacks nicht nur toleriert, sondern sogar vertuscht haben. Unter Verdacht: Frontex-Chef Fabrice Leggeri persönlich. Ist Frontex also Teil des Problems statt Teil der Lösung?

Um diese Frage dreht sich der Abstimmungskampf zur Frontex-Vorlage, über die am 15. Mai abgestimmt wird. Zur Debatte steht, ob sich die Schweiz am Ausbau der Agentur beteiligen und Frontex finanziell und personell stärker unterstützen soll. Bei einem Ja würde der Beitrag der Schweiz von heute 24 Millionen bis 2027 auf jährlich 61 Millionen Franken steigen.

Dass Frontex bei einem Nein verschwinden würde, glaubt niemand. 

Dass Frontex bei einem Nein verschwinden würde, glaubt niemand. Es wäre auch nicht wünschenswert: Zuständig wären dann allein die nationalen Behörden – also die Hauptverantwortlichen für Pushbacks. Mit einem Nein könnte die Schweiz aber ein Zeichen gegen Menschenrechtsverletzungen setzen, argumentiert die Gegnerschaft aus dem linken Lager. 

Auf den ersten Blick mag das sinnvoll erscheinen. Doch das Zeichen könnte problematische Folgen haben. Die Schweiz als Mitglied des grenzkontrollfreien Schengen-Raums muss den Ausbau von Frontex mittragen. Bei einem Nein würde sie aus Schengen ausscheiden – es sei denn, die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission beschlössen einstimmig etwas anderes. Als Folge davon hätten Schweizer Polizisten zum Beispiel keinen Zugriff mehr auf wichtige Datenbanken. Selbst wenn es nicht zum Ausschluss aus Schengen kommen sollte: Die Schweiz hätte ein neues, grosses Problem mit der EU. 

SP und Grüne sind sich dessen bewusst. Sie sagen zwar Nein, versichern aber gleichzeitig, eigentlich befürworteten sie die Beteiligung der Schweiz an Frontex. Einer neuen Vorlage würden sie zustimmen, wenn die Schweiz im Gegenzug mehr Flüchtlingsgruppen aufnehme. Doch auf dem Stimmzettel steht kein «Nein, aber» zur Auswahl. Wie sollte der Bundesrat einen neuen Anlauf begründen? Ein Teil der Gegnerschaft meint tatsächlich Nein. Dazu gehören neben der «No Frontex»-Bewegung, die das Referendum ergriffen hat, auch Gegnerinnen und Gegner aus dem rechten Lager. Sie streben den Austritt der Schweiz aus Schengen explizit an. 

Mit einem Ja kann die Schweiz dazu beitragen, dass Frontex Teil der Lösung wird.

Nun liesse sich einwenden, negative Folgen seien in Kauf zu nehmen, wenn es um Menschenrechte gehe. Bloss: Mit einem Nein würde kein einziger Pushback an der EU-Aussengrenze verhindert, kein einziger Flüchtling besser behandelt. Auf der positiven Seite gäbe es nichts als ein vages Zeichen. Verstanden würde es möglicherweise nicht als Zeichen für Menschenrechte, sondern als Zeichen dafür, dass die Schweiz von der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität profitieren will, ohne sich daran zu beteiligen.

Dass bei Frontex einiges falsch läuft, ist unbestritten. Erste Massnahmen sind jedoch eingeleitet: Künftig sollen Grundrechtsbeobachter die Arbeit von Frontex überwachen und Verstösse dokumentieren. Zur Diskussion steht auch eine bessere Kontrolle der Behörde. Mit einem Ja am 15. Mai kann die Schweiz dazu beitragen, dass diese Pläne umgesetzt werden, dass Frontex Teil der Lösung wird. Als Mitglied des Frontex-Verwaltungsrates kann sie immerhin mitreden. Das ist zwar nicht viel, aber mehr als ein wirkungsloses Protestzeichen an der Urne.